Die Mitte Zwanzigjährige sieht die Musik als ihren Job, und sie nimmt ihn wirklich ernst. Was ein Glück für die, die nicht genug von ihr kriegen können. Getrieben von Fleiß und Erzähllust versorgt sie ihre Fans seit 2022 nahtlos mit vielen Superhits. Zuletzt waren es „Fata Morgana“ – Gold in Deutschland! – oder „Wenn das Liebe ist“, die, wie die allermeisten ihrer Songs, in den Top 3 der deutschen Singlecharts landeten, so auch ihr Debütalbum „Glas“ von 2023 und ihre EP „Farbenblind“ nur ein Jahr später.
Nun erscheint in diesem Herbst ihr zweites Studioalbum „Ich lieb mich, ich lieb mich nicht“ – ein kraftvolles, lautes Album, ein kopfloses auch, das Aufbruch schreibt, Tempo und vor allem Spaß. Es ist viel passiert in den vergangenen Jahren – beruflich wie privat –, was sie gezwungen hat, erwachsener zu werden. Mitzubekommen, wie schnell sich das Leben ändern kann, hat sie viel beschäftigt. Daraus resultierten Texte über Verlust und Verlass, aber eben auch welche, die sich einer Leichtigkeit verschreiben wollten. Immer mehr versteht sie, dass ihre Platten immer auch das Abbild ihres Zustands sind.
Wer die Musikerin seit ihrer ersten deutschsprachigen Songveröffentlichung 2021 („Neben mir“) verfolgt hat, ihren Aufstieg zu einer einflussreichen Künstlerin, die mittlerweile verschiedene Generationen nährt mit ihren feinsinnigen wie leichtfüßigen Texten zu meist tanzbaren, aber immer vibey Beats, weiß, wie vielfältig ihr Sound ist, der jedes Mal auf ihre verbale Essenz trifft. Es ist, als könnte sie ihre eingeschworenen Fans, zu denen sich Jahr für Jahr immer mehr zählen, gar nicht enttäuschen. Und das obwohl sich die Sängerin Genre-fluid zwischen Synthie und Gitarren, Piano und Bläsern und noch so vielem mehr bewegt. Sie verzeihen ihr alles, oder: lieben sie für das alles. Denn sie macht Musik, ohne sich jemals selbst zu verraten oder etwa vom eigenen Weg abzukommen, weil sie ihren Weg begeht wie eine große musikalische Spielwiese.
Von Anfang an hatte sie sich geschworen, für immer befreit Musik zu machen, zu tun, worauf sie Lust hat. Natürlich musste sie sich dieses Selbstbewusstsein erarbeiten, vor allem sich immer wieder von den eigenen wie fremden Erwartungen freimachen. Vielleicht lässt sich heute sagen, dass diese Vielfalt, die auch ihre Wildheit zeichnet, gleichzeitig ihre Stringenz bedeutet.
Fotocredit: Verena Knemeyer, Annalena Rumler