Fr 29.10.2004

Rainhard Fendrich-36

"aufLeben- Tour"

Rainhard Fendrich zog sich im Winter auf seine mallorquinische Finca zurück. Dort hat er sich zunächst ein paar Schafe gekauft, dann einen Esel. Für die Lebensqualität. Mittlerweile hat er sich ein Studio eingerichtet. Für das Arbeiten. Warum die Tiere? "Die geben so einen pastoralen Frieden, da kann man gut nach innen schauen." Die kreative Kraft, die Fendrich aus dieser Innenschau schöpft, präsentiert er jetzt auf seiner neuen CD "aufLEBEN" - ein Album, das vor allem durch seine Vielseitigkeit besticht. "Ich möchte, dass mir die Leute zuhören", so der Künstler, "und das gelingt mir nur, wenn ich beweglich und lernfähig bleibe".

Rainhard zu den Songs:

Das Stück zeigt, wie ich mich der Stadt genähert habe, so, wie sich die meisten Menschen Berlin nähern, nämlich buchstäblich von außen. Wir haben in diesem Song das Motiv des Fliegens mit der Geruschcollage aus einem Flugzeug am Anfang, die weiten Keyboard-Flächen und die sehr aggressiven Gitarrensoli. Damit haben wir versucht, die Atmosphäre der Stadt einzufangen, die aus meiner Sicht eine Stadt der Gegensätze ist. Der Song ist eine Ode an eine der spannendsten Metropolen überhaupt. Für mich ist Berlin die europäische Hauptstadt mit der aufregendsten und außergewöhnlichsten Geschichte. Und man kann nicht immer im pastoralen Frieden auf der Finca sitzen. Auch wenn das sehr gut ist für die Innenschau. Man weiß nie, ob man gut ist oder schlecht - aber man kann individuell sein, sich abheben. Was ich mit dem neuen Album wieder tun möchte. Zum Beispiel mit dem Stück "Soy tu vida". Das ist im Grunde ein ganz einfaches Liebeslied. Ich hätte auch nur "Ich liebe Dich" sagen können, aber das war mir nicht individuell genug. "Die Liebe ist ein Wunder, das immer wieder möglich ist", hat Dürrenmatt einmal gesagt, und einem wirklichen Wunder sollte man sich mit ein bisschen mehr Erfurcht nähern. "Soy tu vida" ist eine getanzte Liebeserklärung, eine von vielen Arten, "Ich liebe dich" zu sagen. Der Tanz spielt eine große Rolle auf "aufLEBEN". Obwohl es im Grunde keine Tanzplatte ist. Ich sehe den Tanz einfach nur als Metapher für das Leben. Das Leben besteht aus Schritten, aus Drehungen und Wendungen, und ein Tänzer weiß eben wie's geht. Im wirklichen Leben reicht es natürlich nicht aus, ein guter Tänzer zu sein. Aber ein Tänzer trägt mit seiner Kunst doch ein bisschen das Schöne in die Welt. Wie in dem Stück "So wie eine Tänzerin". Den Song habe ich übrigens meinen Kolleginnen aus dem Musical "Wake up" gewidmet. Doch neben den tanzbaren lateinamerikanischen Momenten kommt auch die Nachdenklichkeit zum Zug. "Engel" zum Beispiel ist im Grunde ein Blues, ein vielleicht sogar melancholisches Stück für die späten Stunden, ein Stück über Dinge, von denen man bei Tageslicht nicht glaubt, dass sie zwischen Himmel und Erde passieren können. Die neue CD ist eben vor allem eine Platte zum zuhören.
Für einen Musiker ist es extrem wichtig, dass man ihm zuhört. Und mein Publikum hört mir ja zu. Dafür liebe ich mein Publikum auch. Und wen man liebt, den sollte man gefälligst auch ernst nehmen. Ich habe deswegen versucht, auf dem Album eine möglichst große Bandbreite zu bieten. Es geht natürlich um Liebe, aber es geht auch um Trauer, wie in "Serenada por un amigo", ein Stück an meinen unvergessenen Freund Joachim Kemmer, der uns leider weit vor seiner Zeit verlassen musste. Und es geht selbstverständlich auch um Spaß und Ironie. Beim "Damenkränzchen Tarantula" zum Beispiel, oder bei "Metrosexuell". Irgendwann tauchte dieses völlig depperte Wort auf. Aber bislang gibt's noch keinen Song dazu. Dieser Trend zum gepflegten Mann erweckt bei mir den Eindruck, als hätten sich Männer vorher nicht gewaschen. >zur Rainhard Fendrich Website
Okt
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20:00 Uhr
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